Die Zeit
Hektisch sehe ich mich um. Ganz alleine.
Die grellen Neonröhren werden ihr weißes Licht auf die schimmernden Schienen. Der perfekte Mord. Hier würde ich jemanden ermorden, es gäbe keine Zeugen, kein Motiv. Diese Gedanken machen mich paranoid.
Ich blicke mich wieder um. Ganz alleine.
Die Uhr über dem Treppenabgang tickt unglaublich schnell. Ob sie wohl gewöhnlicher ist als gewöhnliche Uhren?
Mein Herz verkrampft sich. Ein ohrenbetäubend lauter Zug donnert hinter mir vorbei.
Auf dem Gleis ist er umgekommen. Woher will ich das denn wissen? Ich weiß es einfach. Und wenn’s anders war ist es auch egal.
Der Sekundenzeiger der Uhr rast wieder auf die 12 zu. Diese aber hindert ihn. Er kann nicht weiter. Er hängt fest, kann sich nicht losmachen. Ruckartig zerrt er an der unsichtbaren Fessel.
Panisch blicke ich mich um. Ganz alleine
Was hat das zu bedeuten? Werde auch ich an Fesseln reißen? Schweigt der Zeiger weil auch ich schweigen werde?
An der Uhr sind Farbspritzer. Rote. Große Flecken, aus denen dünne Rinnsale gelaufen sind. Ich erschaudere. Der Zeiger bewegt sich nicht mehr. Nur der große tut einen Ruck.
Und auf einmal renn der kleine wieder los.
Ich atme wieder. Muss die Uhr nicht schon entsetzlich verstellt sein?
Nein, sie ist wie ich. Sie läuft, rast und ist viel zu schnell, ist den anderen voraus, weiß schon mehr sieht mehr, erkennt mehr.
Doch dann, unsichtbare Fesseln erhaschen sie. Hindern sie am eilen. Und nach einer Weile, wenn das Wissen abgegeben ist, darf er weiter laufen. Mit den anderen. Das was er den anderen voraus hatte muss wettgemacht werden. Wir dürfen nicht mehr sehen. Wir müssen genauso sein wie die anderen.
Wieder hält der Zeiger. Aber er zittert schon viel schwächer. Er bittet um Freiheit, er reißt nicht mehr an den Fesseln, er erträgt sie, gibt seine Zeit freiwillig ab und der große Zeiger tut einen erhabenen Schritt.
So werden die Vorauseilenden zurückgeholt, ihr Vorwissen genommen und dann werden sie in das Bad der Unwissenheit zurück gestürzt. Sie werden sich ja sicher wieder aus ihm empor arbeiten, nur um dann wieder zurück gestoßen zu werden.
Der Zeiger rennt und ich tue es ihm gleich, mein Zug kommt.
Ich sehe mich um. Nicht alleine.
Unwissende haben mich wieder eingeholt, nachdem ich meine Gedanken abgab. Ich schrieb.